Was der Advent und Mozarts Requiem gemeinsam haben

Der Advent gilt bei uns als religiöses Ereignis. Das ist schön und gut. Aber er hat noch einen anderen Aspekt.

Advent bedeutet „Ankunft“. Ankunft von wem oder was? Lassen wir den religiösen Aspekt beiseite, dann ist es die Ankunft, das Kommen der Wintersonnenwende am 21. Dezember – des Zeitpunkts ab dem die Sonne wieder höher am Himmel erscheint, die Tage wieder länger werden, mehr Licht kommt. Ein Aspekt, der in unserer elektrisch beleuchteten Welt völlig ins Hintertreffen gelangt ist.

Advent bedeutet aber auch das Näherkommen des Jahreswechsels. Des Wechsels unserer Zeitrechnung, des Beginns eines neuen Jahres mit neuen Vorsätzen, neuer Hoffnung, neuer Erwartung.

Das wahrscheinlich größte musikalische Genie aller bisherigen Zeiten, Wolfgang Amadeus Mozart, hatte seinen eigenen Advent. Im Sommer 1792 logierte er noch in einem Gartenhaus in der damaligen Wiener Vorstadt, dort, wo heute die Adresse Währingerstrasse 26 ist. Ich habe zu dieser Adresse eine besondere Beziehung, ist das doch genau der Platz an dem wir, meine Wiener Zen-Freunde und ich, regelmäßig meditieren, auf genieträchtigem Boden sozusagen.

Mozart komponierte hier seine drei letzten Sinfonien, daruner die strahlende, schillernde lebenssprühende Jupitersinfonie und die Oper Cosi fan tutte – So machen’s alle“ – , die auch die „Schule der Liebenden“ genannt wird. Lebensfreude pur also.

Er begann hier aber auch die Arbeit an seinem Requiem, einer Totenmesse, das Bedenken der anderen Seite. Und sie wurde zu seinem persönlichen Requiem, starb er doch am 5. Dezember, längst wieder zurück in der Stadt. Darin heißt es unter anderem „Lacrimosa dies irae …“, Oh tränenreicher Tag des Gerichts, Tag an dem uns ein Spiegel vorgehalten wird dessen was wir getan oder unterlassen haben, Tag an dem uns das bewußt wird und wir bereuen.

Diese Stelle ist für mich eine der gewaltigsten musikalischen Takte, nur wenige Minuten lang. Und wir brauchen dabei nicht an ein religiöses „letztes Gericht“ denken. Nein, es ist der Tag, an dem wir über unser Leben reflektieren und so manches erkennen, das wir ansonsten beiseite schieben, das ansonsten in unserem Lebensalltag untergeht. Das ist nicht zufällig die Zeit des „Advents“, die Zeit des Ankommens einer Wende. Einer möglichen Wende, wie sie uns jedes Jahr, in der finstersten Zeit des Jahres bevorsteht, mit der Aussicht auf eine Wende. Einer Wende zu mehr Tageslicht, einer Wende zu mehr Licht in unserem Leben, zu einem Neubeginn.

Mozart hatte diesen Advent vom lebensfrohen Sommer in den eiskalten Winter des Dezember 1791. Für ihn war es das Ende, kein Neubeginn. Möge dieser Advent 2017 für uns das Zugehen auf einen Neubeginn sein, einen Neubeginn in unseren Beziehungen, einen Neubeginn in dem was wir im Kleinen und im Großen vielleicht besser machen wollen als bisher.

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