Vertrauen

Wir leben in einer Zeit gesteigerten Misstrauens. Laut Umfragen haben wir am wenigsten Vertrauen in Politiker und in Journalisten. Das mag berechtigt sein, oder nicht …. (beim Mißtrauen gegenüber Journalisten im Generellen bin ich jedenfalls nicht dabei: ich habe selbst lange genug als solcher gearbeitet).

Es gibt aber auch eine andere Art des Vertrauens: Vertrauen an sich.

Heute will ich euch erzählen was der Jakobsweg mit „Vertrauen“ zu tun hat. Wenn du deine Wohnungstür hinter dir zumachst und dich auf den Weg begibst Richtung Westen, von Wien nach Salzburg, – „Ich bin dann mal weg“ – durchläufst du mehrere Phasen.

Die bei der Einkehr am Abend in der Pension und im Wirtshaus auffälligen sind: Du kommst von Wien aus in den Bereich der Niederösterrischischen Nachrichten, wechselst zu den Oberösterreichischen Nachrichten und landest bei den Salzburger Nachrichten.

Ebenso kommst du vom G’spritzen ins Mostland und dann in die Bierregion am Übergang von Oberösterreich nach Salzburg.

Es gibt aber auch noch andere Phasen.

***

Phase 1

Da ist zunächst einmal die Frage „Halten es meine Knie aus? Halten es meine Schuhe aus?“ und die Sorge ob du am Abend nach dem anstrengenden Hatscher eine Unterkunft findest.

Diese Sorge sitzt aber bloß ganz unten in deinem Bewußtsein. Denn es bleibt dir ja nichts anderes übrig als einen Fuß vor den anderen zu setzen – also mußt du einfach darauf vertrauen, dass es deine Knie schaffen und dass die Schuhe halten. Du mußt auch darauf vertrauen, dass irgendwo eine Unterkunft auftaucht, denn erstaunlich lange Zeit bist du auf deinen Wegen abseits von bewohnten Orten in denen es auch eine Zimmervermietung gibt. Du mußt also darauf vertrauen, „Es wird schon werden“.

Ich nenne das das Vertrauen DASS etwas eintritt – oder auch nicht. Hast du das nicht, wärest du in Dauer-Panik.

***

Phase 2

Nach ein paar Tagen trittst du aber in eine andere Phase. Du weißt jetzt dass deine Haxn das derpacken, du weißt jetzt dass die Schuhe nicht unterträglich drücken und du hast schon drei- oder viermal rechtzeitig ein Quartier gefunden. Du könntest also komplett sorglos sein!

Bist du aber nicht!

Wiederum ganz tief unten, nicht an der Oberfläche der Panik, dämmert’s dir – während du zum abertausendsten mal einen Fuß vor den anderen setzt – dass es ja vielleicht doch nicht immer so ist, dass es ja doch noch sein könnte, dass du nicht vor der Finsternis ein frisch bezogenes Bett und etwas zum Essen findest.

Dann passiert es – so war es zumindest bei mir – dass die kirchliche Vergangenheit aus Kindheits- und Jugendtagen und ihre Lieder zum Vorschein kommen, zB dieses:

„Wer nur den lieben Gott lässt walten …

„… und hoffet auf ihn alle Zeit …

„… den wird er wunderbar erhalten …

„… in aller Not und Traurigkeit“

Und da ist nicht nur Hoffnung, sondern auch die Traurigkeit, der Grund, der dich überhaupt dazu gebracht hat diese Anstrengung auf dich zu nehmen, der GRUND warum du dir das antust. …

„Wer nur dem lieben Gott vertraut, …

„… der hat auf keinen Sand gebaut“

Das ist die Phase des Vertrauens IN etwas.

***

Phase 3

Du findest dein Bett, du kriegst was zu essen und am nächsten Morgen gehst du weiter. Du bist jetzt länger als 10 Tage unterwegs, und das Gehen ist deine neue Lebensform geworden. Der Rhythmus deiner Schritte ist dein Leben. Du gehst einfach. Punkt.

Und es hat wiederum eine Änderung stattgefunden.

Das Vertrauen DASS es klappt und das Vertrauen IN etwas ist geschwunden. Du bist in einer neuen Phase. Du bist in einer Phase des Vertrauens ohne Namen. Du vertraust einfach. Nicht mehr in dich, nicht mehr auf irgendeinen Schutz aus dem Universum oder von wo auch immer, sondern es bleibt nur Vertrauen an sich.

Ist das nicht schön? Jetzt weißt du, warum du dich auf den Weg gemacht hast. Du WEISST jetzt, dass nichts Unvorhersehbares, nichts Katastrophales, nichts Schreckliches passieren kann, du weisst dich aufgehoben. Du WEISST jetzt, dass du gegangen bist um dieses Gefühl, das eigentlich eine Gewissheit ist, zu erlangen.

***

Deshalb mein Appell an euch: Vertraut! Einfach so. Und wenn dir das nicht von Haus aus im Blut liegt – und so ist das mit Gewissheit bei uns allen – dann mach‘ Dich auf den Weg, Wo auch immer der deinige ist.

Nachtrag: Es gibt auch andere Wege zum Vertrauen. Einen zweiten erzähle ich euch ein anderes Mal.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s